Henry Arnhold Dresden Summer School 2025
20.10.2025, Feierliche Eröffnung der Henry Arnhold Dresden Summer School im Lichthof des Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Wie bedroht ist die Kunstfreiheit? – Kulturinstitutionen zwischen Autonomie und politischer Intervention
Freiheit und Demokratie – Kulturinstitutionen zwischen Autonomie und politischer Verantwortung
Mit dem Thema „Freiheit und Demokratie“ stand die diesjährige Henry Arnhold Dresden Summer School ganz im Zeichen eines Spannungsfelds, das Kulturinstitutionen derzeit in besonderer Weise betrifft. Zwischen gesellschaftlichem Auftrag, politischer Einflussnahme und wachsendem öffentlichem Erwartungsdruck wird immer deutlicher, dass Museen, Theater und andere Kultureinrichtungen zu zentralen Orten kulturpolitischer Auseinandersetzungen geworden sind.
Der Eröffnungsabend setzte genau hier an. Nach den Grußworten von Bürgermeisterin Annekatrin Klepsch eröffnete Prof. Dr. Christoph Möllers (Humboldt-Universität zu Berlin) mit seiner Keynote die Diskussion über die gegenwärtigen Herausforderungen der Kunstfreiheit aus verfassungsrechtlicher Perspektive. Möllers zeigte eindrücklich, wie sich die Bedingungen künstlerischer Autonomie im Spannungsfeld von öffentlicher Förderung, gesellschaftlicher Verantwortung und politischer Sensibilität verändern – und dass Freiheit auch im Kulturbereich stets neu ausgehandelt werden muss.
Im Anschluss diskutierten auf dem Podium Hilke Wagner (Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Dr. Iris Edenheiser (Deutsches Hygiene-Museum Dresden), Joachim Klement (Staatsschauspiel Dresden), Dr. Christina Ludwig (Stadtmuseum Dresden) und Prof. Dr. Christoph Möllers über die Frage, wie bedroht die Kunstfreiheit heute tatsächlich ist. Unter der Moderation von Prof. Dr. Hans Vorländer (TU Dresden) entspann sich ein vielschichtiges Gespräch über das Selbstverständnis öffentlicher Kulturinstitutionen – zwischen künstlerischer Freiheit, kuratorischer Verantwortung, gesellschaftlicher Wirkung und politischen Zumutungen.
Deutlich wurde, dass Kulturinstitutionen heute in einem doppelten Spannungsfeld agieren: Einerseits tragen sie Verantwortung für demokratische Aushandlungsprozesse, andererseits müssen sie ihre Unabhängigkeit und künstlerische Integrität verteidigen. Die Diskussion machte sichtbar, dass Autonomie nicht als Rückzug verstanden werden darf, sondern als aktive Gestaltung gesellschaftlicher Debatten.
Beim anschließenden Empfang bot sich Gelegenheit, die Gespräche in persönlicher Atmosphäre fortzusetzen und Perspektiven aus Praxis, Wissenschaft und Politik miteinander zu verknüpfen. Der Abend zeigte, dass die Frage nach der Freiheit der Kunst und der demokratischen Verantwortung der Kultur gerade heute aktueller ist denn je – und dass Kulturinstitutionen Räume bleiben müssen, in denen gesellschaftlicher Streit produktiv, kritisch und frei geführt werden kann.
Fotos: Klaus Gigga
21.10.2025 Vortrag und Gespräch
Lea Ypi: Freiheit, Würde und historische Ungerechtigkeit.Die Geschichte meiner albanischen Familie
Am 21.10.25 fand in Kooperation mit dem Deutschen Hygiene-Museum Dresden, dem Mercatorforum Migration und Demokratie (MIDEM) und der Henry Arnhold Dresden Summer School ein eindrucksvoller Abend mit der Philosophin und Autorin Lea Ypi statt. Im Mittelpunkt stand ihr neues Buch „Aufrecht”, in dem sie anhand der Lebensgeschichte ihrer Großmutter Leman Ypi zentrale Fragen nach Freiheit, Würde und historischer Gerechtigkeit verhandelt – Themen, die den gesamten Abend bestimmten.
Zu Beginn zitierte Ypi Friedrich Schiller aus dessen Gedicht Die Götter Griechenlands: „Schöne Welt, wo bist du?“ Er beschreibt eine Welt, in der die Götter geflohen sind und die Menschen in Entfremdung leben – eine Welt, die unserer heutigen nicht unähnlich ist: zerrissen, von Gewalt und Glaubensverlust gezeichnet. Ypi griff dieses Motiv auf, um die Leitfrage ihres Buches zu formulieren. „Wo finden wir heute Würde und Versöhnung in einer zersplitterten, desillusionierten Welt?”
Von dieser philosophischen Perspektive aus nahm Lea Ypi das Publikum mit auf eine Reise in die Geschichte ihrer Familie – eine Reise von der untergegangenen Welt der osmanischen Aristokratie über die politischen Umbrüche der Balkanstaaten bis ins kommunistische Albanien. Die Spurensuche nach ihrer Großmutter wird so zu einer Reflexion über die Bedingungen von Freiheit im Angesicht historischer Katastrophen.
Wie schon in ihrem Bestseller Frei untersucht Ypi auch in Aufrecht, was es bedeutet, in unfreien Systemen innerlich frei zu bleiben. Freiheit erscheint dabei nicht als Abwesenheit von Zwang, sondern als moralische Haltung: als Beharren auf Menschlichkeit und Selbstachtung inmitten von Willkür und Unrecht. Ihre Großmutter Leman verkörpert diese Form der Freiheit, indem sie auch in Zeiten politischer Verfolgung und sozialer Ächtung ihre Würde bewahrt – ein Beispiel für die „erlösende Kraft der Kunst“, von der Schiller sprach, verstanden als die Fähigkeit, Gefühl und moralisches Handeln miteinander zu versöhnen.
Im anschließenden Gespräch mit Prof. Dr. Hans Vorländer, der den Abend eröffnete und moderierte, wurden diese Gedanken weiter vertieft. Diskutiert wurde, wie Freiheit und Würde in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung neu gedacht werden können, und wie das literarische Erzählen dazu beiträgt, historische Ungerechtigkeit sichtbar zu machen und zu überwinden. Ypis Verbindung von Erinnerung, Fiktion und Archivrecherche eröffnete dabei neue Perspektiven auf die Frage, wie Geschichte erzählt – und wie sie befreit werden kann.
Zum Abschluss des Abends wurde die Diskussion für das zahlreich erschienene Publikum geöffnet. In einer lebhaften Fragerunde beantworteten Lea Ypi und Hans Vorländer Fragen zu politischer Verantwortung, der Kraft der Kunst und der Bedeutung von Freiheit in der Gegenwart. Dabei zeigte sich, wie sehr Ypis Gedanken über die „verlorene schöne Welt“ und das Suchen nach innerer Freiheit die Zuhörerinnen und Zuhörer auch persönlich berührten.
Die Veranstaltung fand in englischer und deutscher Sprache mit Simultanübersetzung statt.
Fotos: Anja Schneider, DHMD
Jetzt bewerben!
Die Ausschreibung für die Henry Arnhold Dresden Summer School 2025 vom 20. bis 28.10.2025 ist veröffentlicht.
Interessierte können sich noch bis zum 10. August 2025 für die Henry Arnhold Dresden Summer School mit dem Schwerpunktthema ‚Freiheit und Demokratie‘ bewerben.
Weitere Informationen hier: Ausschreibung
Pressemitteilung über Henry Arnhold Dresden Summer School veröffentlicht
Die Henry Arnhold Dresden Summer School an der TU Dresden erhält rund 500.000 Euro Förderung durch die Brüder Stiftung, einer von der Familie Arnhold ins Leben gerufenen Stiftung. Damit kann das erfolgreiche interdisziplinäre Programm für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Museumsfachleute fortgesetzt werden.
„Ich bin sehr dankbar, dass wir erneut eine großzügige Fördersumme erhalten haben“, erklärt Prof. Hans Vorländer, Direktor des 2012 gegründeten Programms. „Die weitreichende Unterstützung der Brüder Stiftung ermöglicht es, die Henry Arnhold Dresden Summer School als eine inspirierende Plattform für den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch fortzuführen. Henry Arnhold fühlte sich diesem Projekt besonders verbunden, da es seine Vision widerspiegelt, Brücken zwischen Menschen, Institutionen und Ideen zu bauen. Sein visionäres Engagement prägt die enge Kooperation zwischen der TU Dresden und den Dresdner Kulturinstitutionen bis heute. Getreu seinem Motto ‚Continue to Build Bridges‘ werden wir auch in den kommenden Jahren wissenschaftliche Erkenntnisse mit gesellschaftlicher Praxis verbinden und den Dialog zwischen verschiedenen Kulturen und Disziplinen vertiefen.“
Im Herbst 2025 wird sich die Summer School den hochaktuellen Themen Demokratie und Freiheit widmen. In Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, dem Deutschen Hygiene-Museum und weiteren Partnern stehen im Oktober zentrale Herausforderungen, historische Entwicklungen und aktuelle Debatten im Fokus.
Die Prorektorin Forschung der TU Dresden, Prof. Angela Rösen-Wolff, ergänzt „Die erneute großzügige Förderung der Henry Arnhold Dresden Summer School durch die Brüder Stiftung ist ein starkes Signal für die Bedeutung von interdisziplinärem und internationalem Austausch in Forschung und Kultur. Dieses Format steht beispielhaft für die Brücken, die Wissenschaft mit Gesellschaft, Vergangenheit mit Gegenwart und lokale Institutionen mit globalen Perspektiven verbinden. Als TU Dresden sind wir stolz darauf, mit unseren Partnern aus den Dresdner Kulturinstitutionen ein solch inspirierendes und zukunftsweisendes Programm gestalten zu dürfen. Es ist nicht nur ein Ort für wissenschaftlichen Diskurs, sondern auch für gesellschaftliche Verantwortung und kulturelle Verständigung – ganz im Sinne von Henry Arnhold, dessen Name und Vermächtnis diese Summer School mit Leben erfüllt.“
Die Henry Arnhold Dresden Summer School bringt seit 2012 jährlich 20 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Museumsfachleute mit Dresdens Kunst- und Kultureinrichtungen zusammen, um aktuelle Themen aus Kultur und Gesellschaft zu diskutieren. Die Summer School trägt den Namen des Ehrensenators der TU Dresden, Henry Arnhold (1921–2018), dessen philanthropischer Geist und enge Verbundenheit zu seinem Geburtsort Dresden die Zusammenarbeit zwischen den Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen der Stadt nachhaltig inspiriert.
Darüber berichteten:
Dresdner Neuste Nachrichten: https://www.dnn.de/lokales/dresden/henry-arnhold-dresden-summer-school-foerderung-fuer-projekt-NYDUR5F6YZCATNH62MJRCLHJAI.html
Das Wissen - Treibstoff des Fortschritts: https://das-wissen.de/henry-arnhold-summer-school-500-000-euro-fuer-dresdner-forschungszukunft/
Auftaktveranstaltung Henry Arnhold Dresden Summer School 2025
Partizipation in Kulturinstitutionen: Chancen und Risiken
Dresden, 22. November 2024, 18:00 Uhr, Japanisches Palais
In Vorbereitung der Ausstellung „Für alle! Demokratie neu gestalten“, die im Kunstgewerbemuseum in Planung ist, laden wir Sie herzlich zu einer spannend besetzen Podiumsdiskussion der Henry Arnhold Dresden Summer School und des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ein.
Im Rahmen dieser Veranstaltung möchten wir die komplexen und hochaktuellen Fragen rund um Partizipation in Kulturinstitutionen diskutieren. Kulturinstitutionen stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen: Gesellschaftliche und politische Umbrüche, technologische Innovationen und veränderte Erwartungen des Publikums erfordern neue Ansätze der Kulturvermittlung und des Kuratierens. Die Rolle des Publikums wird dabei zunehmend überdacht - vom passiven Zuschauer zum aktiven Mitgestalter.
Unsere Podiumsgäste beleuchten diese Themen aus unterschiedlichen Perspektiven und geben Einblicke in die Praxis ihrer Institutionen:
- Dr. Claudia Banz, designierte Direktorin des Weltmuseums Wien
- Dr. Christina Ludwig, Direktorin des Stadtmuseums Dresden
- Dr. Sven Friedrich, Direktor des Richard-Wagner-Museums Bayreuth
- Thomas A. Geisler, Direktor des Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
- Prof. Dr. Hans Vorländer (Moderation), Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung, der Henry Arnhold Dresden Summer School und des Mercator Forum Migration und Demokratie (MIDEM)
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion laden wir Sie herzlich zu einem Empfang ein, bei dem Sie die Gelegenheit haben, sich mit den Podiumsgästen und anderen Teilnehmenden auszutauschen.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen und auf einen spannenden Austausch!
Bitte melden sie sich bis zum 20. November unter folgendem Link an. Die Anmeldung wird in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.





